Am 11. März besuchte der 21-jährige Jakob Springfeld auf Einladung von „Pfaffenhofen ist bunt“ und dem Jugendparlament im Rahmen der „Wochen gegen Rassismus“ den Festsaal des Rathauses in Pfaffenhofen, um aus seinem Buch „Unter Nazis. Jung, ostdeutsch, gegen Rechts“ zu lesen und in einen Dialog mit den Anwesenden zu treten. Sein Buch beleuchtet nicht nur seine Jugend in Zwickau und seinen Widerstand gegen Rechtsextreme in seiner Heimat, sondern auch die Akteure und Opfer des NSU sowie die Gründe, warum Ostdeutschland ein fruchtbarer Boden für rechtsextreme Ideologien und Handlungen sein kann.
Rund 100 Zuhörerinnen und Zuhörer, darunter auch der zweite Bürgermeister Roland Dörfler und mehrere Stadträte, folgten gebannt den Ausführungen des jungen Autors. Obwohl vereinzelt auch Raum für humorvolle Momente war, warnte Springfeld, dass er stellenweise über detaillierte Gewaltdarstellungen sprechen werde. Er schilderte sein Aufwachsen im Schatten der Rechtsextremen Zwickaus und wie erschreckend nahe viele, einschließlich er selbst, den NSU-Tätern unwissentlich waren. Als er das Publikum nach der Bekanntheit von Beate Zschäpe fragte, reagierte der gesamte Saal, während nur wenige die Namen eines der NSU-Opfer kannten. Daher widmet Springfeld in seinem Buch den Opfern und deren Geschichten besondere Aufmerksamkeit, bei der Lesung exemplarisch verdeutlicht am Schicksal Süleyman Taşköprüs. Dabei wurde ersichtlich, wie Rassismus innerhalb der Ermittlungsbehörden die Aufklärung behinderte und rechtsextremer Terror lange Zeit nicht in Betracht gezogen wurde. Als die Zwickauer Gedenkorte an die NSU-Verbrechen von Neo-Nazis zerstört wurden, motivierte es ihn und seine Mitschüler dazu, sich für die Pflege einer Erinnerungskultur in seiner Heimatstadt und darüberhinaus einzusetzen. Ein Engagement, für das er 2020 mit der Theodor Heuss Medaille für Demokratie und Bürgerrechte ausgezeichnet wurde.
Neben Applaus bei den Ausführungen des Autors zu den Gefahren des Rechtsextremismus, gab es auch viele Momente, bei der die aufmerksame Stille des Publikums Publikums noch intensiver wurde. Besonders als die im Buch abgebildete Liste rechter Gewaltopfer gezeigt wurde oder der Autor persönliche Ängste und erlebte Gewalt schilderte. Dies beeindruckte und berührte die Zuhörerschaft zutiefst, ebenso wie die Erzählungen von der Gründung einer Notruf-Chatgruppe, um sich gegenseitig zu unterstützen und zu schützen. Wenn bekannte Köpfe der rechtsextremen Szene vor dem Haus der Eltern auftauchen, oder die jungen Aktivisten auf dem Weg von einer Fridays for Future Demo abgepasst werden. Gerade auch aus der eigenen Erfahrung des Autors, dass die Polizei in manchen, auch offensichtlichen, Fällen von Bedrohungen und Gewalt durch Rechtsextreme nicht oder nur halbherzig eingreift.
Der Autor machte die Lesung mit vielen zusätzlichen Hintergrundinformationen und Anekdoten zu einer spannenden, bewegenden und zum Nachdenken anregenden Veranstaltung. Im Anschluss wurden zahlreiche Fragen aus dem Publikum vom Autor beantwortet und drüber diskutiert.
Dank Sarah Haberhauer von der Buchhandlung Wortreich konnten die Besucher vor Ort sein Buch erwerben, auf Wunsch signieren lassen oder noch mal direkt mit Ihm ins Gespräch kommen. Ein Besuch einer Lesung von Jakob Springfeld oder die Lektüre seines Buches kann man jedem nur ans Herz legen.